Montag, 25. März 2013

"Erst stirbt die See und dann der Mensch" - Bildungsurlaubstörn auf dem See-Ewer Petrine rund um Rügen herum


Da der Schnee nun den ersten Arbeiteinsatz verhindert - ich beim zweiten leider fern der Arbeitenden weile, hier nun ein Beitrag aus der warmen vorösterlichen Stube:

Mitte September hatte ich das große Glück: Eine Woche Bildungsurlaub auf einem Traditionssegler - dem See-Ewer Petrine!

Endlich wieder auf der Ostsee, auf einem Traditionssegler mehrere Tage verbringen und dessen speziellen Typus des Segelns erlernen und selbst erleben - und dabei auch mehr über das Ökosystem und die aktuellen Bedrohungen erfahren.


Die echte Gorch Fock - wird von einem Verein restauriert.

Die Petrine erwartete ihre neue aus der ganzen Republik zusammengewürfelte Besatzung in Stralsund - direkt auf Liegeplatz 8 hinter dem Hafenmeister mit Blick auf die "Gorch Fock I". Kaum unterdecks in der Messe angekommen, versammelten sich die bunt gemischten Teilnehmer. Erste Heißgetränke überbrückten die Zeit bis zur Begrüßung durch die Teamleitung und die Skipperin (!).

Nach der obligatorischen Vorstellungsrunde, der Einweisung in die Sicherheitsvorschriften, erfolgte die Vorstellung der bordüblichen Regeln: "Kein überbord Pinkeln!" "Es gibt nur vegetarisch von den Teams selbst gekochtes Essen." "Wir haben hier eine Vakuum-Toilette: Ins Klo geht nichts, was nicht durch Euren Mund ging!" "Eine Hand für das Boot, eine für dich, doch Selbstschutz geht vor!" Dann wurde der Rotationsplan der Pflichten & Backschaften zwischen den Segel Teams vorgestellt, das Kursprogramm erläutert und die Teilnehmer in die vier zur Beseglung notwendigen Teams (Vorsegel, [Groß-]Piek, [Groß-]Klau und Besan) eingeteilt. Abschließend wurden die Kojen auf Zuruf schnell zwischen den vorgeformten kleinen 2er und 3er Grüppchen verteilt und die Einzelreisenden sortierten sich spontan hinzu.


Blick durch die Messe nach achtern.


Während die erste freiwillige Backschaft die Eigenheiten der Infrastruktur der Kombüse erlernte, verlud der Rest die zahlreichen Gepäckstücke und den Proviant. Beim gemeinsamen Abendessen lernten sich die Teilnehmer im Gespräch mit den Tischnachbarn langsam gegenseitig kennen, bevor gegen 23 Uhr die Kojen riefen.

Die lange Steuerbord Tafel mit Blick zum Bug. Zu je dreizehnt wird's auf beiden Seiten gemütlich.

Glücklicherweise wird im Gegensatz zu anderen Traditionsseglern auf der Petrine nicht im 3 Wachen Rhythmus gesegelt, so daß die Nachtruhe für die Nicht-Backschafter bis 7:30 Uhr morgens andauerte. Während einige noch ihr Frühstück beendeten, verkündete die Skipperin, daß der Wind günstig stehe und laut Voraussagen auch in den nächsten Tagen so bleiben würde. Die zuvor gewünschte und beschlossene Rügenumrundung von West nach Ost konnte durchgeführt werden.

So ging es nach dem Klarschiffmachen endlich los! Vom 15.09. - 21.09.2012 segelten wir tagsüber bei wechselndem, meist sonnig-trockenem Wetter und mindestens 3-4, phasenweise bis 6-7 Windstärken rund um die Insel und über den Bodden. Der Törn führte uns von  Stralsund über Vitte, Lohme, Ruden,  Lauterbach, schließlich nach Gustrow und wieder zurück nach Stralsund über insgesamt 142 Seemeilen.


Die Skipperin: Meisterliches Können beim Anlegen in Lohme beseitigt bei allen die letzten Zweifel.

Geübte Crews können das Schiff zu dritt fahren - so wird uns berichtet. Jedes Schiff hat seine Eigenheiten - die besser schnell gelernt werden, bevor es zu Unfällen kommt. So werden die zwar willigen aber unwissenden Hände der 17 Greenhorns unter den achtsamen Augen der Stammcrew angeleitet. Nicht nur, um Unfälle zu vermeiden, sondern auch um die Segel so bedienen zu können, daß das stählerne Schiff richtig in Fahrt und auf Kurs kommt - UND die richtige Ordnung herrscht.

Recht so: Fock und Klüver stehen gut - ohne Jager geht es auch.
Allein das Erlernen der Segelbedienung mittels der fetten rauhen Taue - ohne Winchen, Fallenstopper, oder sonstige technische Hilfsmittel, stellt eine Herausforderung dar: Wie bringen wir die notwendigen körperlichen Kräfe nachhaltig zum Einsatz, ohne unsere Balance zu verlieren, oder dem Nachbarn auf den Fuß zu treten, zu rutschen, oder uns oder andere unabsichtlich zu stoßen, oder in dem Tauwerk zu verheddern? Wie setzen und bergen wir die Segel? Worauf kommt es bei der Handhabung der Schoten bei Manövern an? Wie können die Schoten unter Last dicht geholt werden?

Volle Lappen: Topsegel des Fockmasts.
Dies zu erlernen dauert seine Zeit - je nach Teamzusammensetzung. Tja, Gaffelsegler sind eben anders ... komplex ... als Rahsegler, und bis aus Landratten Mitsegler werden, nunja ... das kann dauern.  ;-)
Kaiserwetter vor Rügen und endlich wieder Datenempfang.  (A)
Doch auch für diejenigen, für die das Segeln eher angenehmer Zugewinn ist, gibt es viel Sehens- und Erlebenswertes an Bord. Nicht nur Panoramablicke auf Rügens Kreidefelsen - sondern auch das gesamte Kursprogramm, das den roten Faden unserer Aktivitäten am Bord bildete.


Die Segelbedienungsteams waren gleichzeitig auch Arbeitsgruppen, die mittels des Bordarchives Wissen erwarben und dieses an die Mitsegler weitergaben.

Bei schönem Wetter wird an Deck nicht nur am laufenden Gut - sondern auch mit dem Kopf gearbeitet.

Jeden Tag werden Messereihen durchgeführt, ausgewertet - und thematische Vorträge zum Ökosystem Ostsee von den Mitfahrenden gehalten. So stellten wir anhand von Sichtprüfungen an unterschietlichen Stellen fest, dass der Bodden biologisch quasi tot ist.

Je dunkler, desto mehr Nitrat: Links biologischer - rechts konventioneller Anbau.
Nitratuntersuchungen von "normalem" und "biologisch angebautem" Gemüse mittels Teststreifen zeigten insbesondere beim Kohlrabi mit 500mg Nitrat pro Kilo die erheblich höhere Belastung des konventionell angebauten Gemüses.

Hafenfein verpackt in Lohme.
Wir legten zwecks Übernachtung sicher in Häfen an und unternahmen diverse interessante Ausflüge.

... auf denen teils sehr merk-würdiges zu finden war.


Auf Ruden konnten wir riesige Kranichschwärme - sowie vereinzelte Seeadler beobachten. (A)


Tagsüber immer wieder Manöver, Referate, Backschaft, Essenfassen, Klarschiff, aber auch Momente der Gesprüche, der Ruhe und des Entdeckens der Zeit zwischen den Aktivitäten.

Zwischen ihren diversen Instandhaltungsarbeiten hatten selbst die Crewmitglieder Zeit für die eine oder andere Partie Doppelkopf mit den Mitseglern.

Sonderbare Momente beim Doppelkopfspiel.


Kaum wurden ein paar Runden gespielt, da verschwand die Sonne, der Wind frischte auf. Die Wellen wurden größer und härter. Regenwolken verdunkelten den Himmel weiter, Schaumkronen jagten über das dunkel-metallisch schimmernde Wasser - die Takelage ächtzte und stöhnte, die Kränkung nahm erstaunlich zu. Ruckartig schob sich der schwere Rumpf schneller als zuvor gegen die nun hart aufprallenden Wellen, so das nach jedem Aufprall ein dumpfes Zittern das Schiff durchlief. Die nun hochspritzende Gischt und der Regen verwandelten das Metalldeck in einen rutschigen Hindernisparkur. Laut knatternd schlugen uns die Vorsegel und ihre Schoten im gedrehten Wind um die Ohren.

"Holt die Vorsegel dichter!" kam der Ruf von der Skipperin. Es folgten weitere kaum hörbare Kommandos für die anderen Teams, doch wir hatten alle Hände voll zu tun. Trotz der widrigen Umstände mussten wir den Schoten auszuweichen, versuchen sie festzuhalten ohne unseren Stand zu verlieren, sie mit vereinten Kräften so zu halten, dass sie losgeschlagen und dann nacheinander noch dichter geholt werden konnten. Dies alles in der Hoffnung, dass keines der 4 oder 5 paar Hände auf engstem Raum von der einen Schot abrutschen, wegfallen oder sich einklemmend verletzen möge - denn dann wäre das Tau für die anderen nicht mehr zu halten gewesen. Wir hatten gehörigen Respekt! Die schiere Kraft und Wucht der Elemente war unglaublich: Teilweise wurden wir durch die Dünung und Wind durcheinandergewürfelt, hingen, teils über das Deck rutschend, nur noch an den Schoten - ohne festen Halt unter den Füßen. Doch mit vereinten Kräften und unter der fachkundigen Anleitung der erfahrenen Crewmitglieder schafften wir es, ohne Schaden an Segel oder Crew die Situation zu meistern, nacher auch noch Segelmanöver zu fahren.

Das Vorsegelteam hat bei Manövern unter kräftigem Wind alle Hände voll zu tun. (A)

Glücklicherweise passierte dies nicht am ersten Tag. Nach erfolreichem gemeinsamen Meistern der Herausforderungen, verschwand das Adrenalin langsam wieder aus dem System. Dann liefen wir sicher unter Sonnenschein in den Hafen ein. Ende gut, alles gut.

Doch erst nach dem Anlegen durften dem Reinheitsgebot gemäß gebraute Grundnahrungsmitttel zum Feiern des bestandenen verzehrt werden. Die Crew hatte ihre "Feuertaufe"  gemeistert - das Lachen der Skipperin klang am Abend wieder entspannt und fröhlich - und die letzten Tage verlief der Törn wie im Bilderbuch.

Friedliche Abenstimmung in Lauterbach nach aufregendem Ritt durch die Elemente.


Mehr Informationen zum Schiff uns Ihrer Geschichte findet Ihr im virtuellen Heimathafen der Petrine


Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann dieses Jahr selbst mitfahren: Auch 2013 gibt es wieder Bildungsurlaubsangebo(o)te.

Viel Spaß, vielleicht sehen wir uns ja an Bord?







Text & Fotos: Gregor
Fotos: André (A)
 




 






Sonntag, 17. März 2013

Regelkundenseminar im Yachtclub Schorfheide



Nach den letzten Olympischen Spielen wurden umfangreiche Änderungen im Regelwerk beschlossen. Die neuen Wettfahrtregeln treten mit der neuen Saison in Kraft. Aus diesem Grund führte der VBS ein Seminar zu den aktuellen Regeländerungen durch. Die Teilnehmer trafen sich im Yachtclub Schorfheide. 
Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Protestverhandlung. Es wurde eine Verhandlung durchgespielt - sehr lehrreich, besonders für die Neulinge. 
Der SWV Werbellinsee war durch die Sportfreunde Wolfgang Kregel und Knut Göritz vertreten.